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Municipal Bonds: Interessante Anlageklasse für europäische Versicherungs-portfolios

Muni Bonds: the case for inclusion in European Insurers portfolios
Kurz zusammengefasst
Diversifikationsvorteile
1

US-Kommunalobligationen (US Municipal Bonds oder Municipals) können zu einer besseren Diversifikation der Obligationportfolios von Versicherern beitragen. 

Attraktive Verzinsung
2

Bewertungsvorteile gegenüber europäischen Unternehmensobligationen selbst nach Abzug der Absicherungskosten.

Einfacher Zugang
3

US-Kommunalobligationen (Municipals) bieten Zugang zu US-Infrastrukturobligationen in einem öffentlich verfügbaren Format (Revenue Bonds).

Charles Moussier und Stephanie Larosiliere stellen die zwei wichtigsten Arten von Municipals vor und erläutern, warum diese eine interessante Ergänzung für europäische Versicherungsportfolios darstellen können.

Was sind US Municipal Bonds?

Beim Aufbau der heutigen amerikanischen Infrastruktur spielten Municipals eine wesentliche Rolle. Als im 19. Jahrhundert der amerikanische Westen erschlossen wurde, wurden mit ihnen in grossem Umfang Kanäle, Strassen und Eisenbahnen finanziert. Noch heute dienen Municipals der Finanzierung staatlicher und lokaler Infrastrukturprojekte. Dazu zählen Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Flughäfen, Brücken, Autobahnen sowie Wasser- und Abwassersysteme.

Emittiert werden Municipals von amerikanischen Bundesstaaten und Kommunen („Municipalities“), aber auch von dazu berechtigten gemeinnützigen Unternehmen sowie US-Territorien wie Amerikanisch-Samoa, Guam, den Nördlichen Marianen, Puerto Rico und den US Virgin Islands. Wenn ein Investor einen Municipal Bond kauft, finanziert er mit seinem Geld eine Vielzahl öffentlicher Projekte.

Traditionell sind die Zinsen auf Municipals von der Bundeseinkommensteuer befreit, und auch einige Bundesstaaten verzichten auf Steuern für einheimische Investoren.

Steuerliche Merkmale

Aus Sicht von Investoren, die in den USA keine Steuern zahlen, könnten diese steuerlichen Merkmale eher einen Nachteil denn einen Vorteil darstellen, da die nominalen Renditen von Anlegern, die Steuerabzüge geltend machen können, nach unten gedrückt werden.

Daher konzentriert sich das Interesse ausländischer Investoren in der Regel auf steuerpflichtige Kommunalobligationen. Steuerpflichtige Kommunalobligationen bieten höhere risikobereinigte Renditen als andere steuerpflichtige Schuldinstrumente wie Unternehmensobligationen.

Der Markt für steuerpflichtige Kommunalobligationen macht mehr als 760 Mrd. USD des gesamten US-Kommunalobligationmarktes aus, mit mehr als 3.000 Emittenten (etwa 21% des gesamten US Municipal Bond-Marktes).

Emittenten können sich aus verschiedenen Gründen für die Emission einer steuerpflichtigen Kommunalobligation entscheiden, zum Beispiel wegen des Zugangs zu einer breiteren Anlegerbasis, der flexiblen Erlösverwendung oder weil die finanzierte Aktivität nicht steuerbefreit ist.

Emittenten von Municipals haben auch die Möglichkeit, Schuldtitel unter Verwendung von CUSIP-Nummern für Unternehmensemittenten zu begeben. CUSIP ist ein US-Identifikationssystem für Wertpapiere. Dadurch ist eine Unterklasse von Municipals entstanden, die eine Corporate CUSIP verwenden. Ziel ist es, die Vorteile der grösseren Liquidität und breiteren Anlegerbasis zu nutzen, die der Markt für Unternehmensobligationen bietet. Im Allgemeinen suchen Emittenten von Municipals Zugang zum Unternehmensobligationmarkt, um längerfristige Papiere auszugeben, die attraktiv für verbindlichkeitsorientierte Investoren sind.

Potenziell attraktive Merkmale aus Sicht europäischer Investoren

Neben den genannten steuerlichen Merkmalen können sich Municipals als Quelle langfristiger regelmässiger Einnahmen aus bonitätsstarken Investments sowie als potenzielle Diversifikationsquelle für bestehende Obligationportfolios eignen.

Ausserdem bieten sie Zugang zu US-Infrastrukturkrediten in einem öffentlich verfügbaren Format (Revenue Bonds) und bieten potenziell höhere Renditen als börsennotierte Kreditanlagen mit ähnlichem Rating, bei historisch niedrigeren Ausfallquoten und höheren Verwertungsquoten.

Darüber hinaus können sie aufgrund ihrer (selbst nach Abzug der Absicherungskosten) relativ attraktiven Bewertung im Vergleich zu europäischen Unternehmensobligationen interessant sein.

Zwei Arten von US Municipal Bonds

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Municipals: General Obligation Bonds und Revenue Bonds. Hauptunterschied ist die Erlösquelle, die zur Besicherung des Kapitals und der Zinsen dient.

General Obligation Bonds von Bundesstaaten werden mit dem Versprechen des Staates besichert, alle gesetzlich dafür zugelassenen Finanzmittel zur Rückzahlung der Obligation zu nutzen.

Typische Emittenten von General Obligation Bonds sind Bundesstaaten, Städte, Counties und Schulbezirke.

Revenue Bonds werden mit bestimmten Einnahmeströmen besichert, die ausschliesslich für die Rückzahlung der Obligation vorgesehen sind. Diese Obligationen werden typischerweise von der Wasser- und Abwasserwirtschaft, Stromversorgern, Flughäfen, Mautstrassenbetreibern, Krankenhäusern, Universitäten und anderen gemeinnützigen Einrichtungen emittiert, um Infrastrukturprojekte zu finanzieren.

Vorteilhafte Liability Matching-Merkmale

Municipals besitzen mehrere Eigenschaften, durch die sie sich für die Anlageportfolios von Versicherern eignen, die ihre Kapitalanlagen auf ihre langfristigen versicherungstechnischen Verbindlichkeiten abstimmen möchten. Wichtige Vorteile gegenüber globalen Unternehmensobligationen sind die generell niedrigeren Ausfallquoten, eine höhere Ratingstabilität (Abb. 1), höhere Verwertungsquoten und verlässliche langfristige Einnahmen.

Abbildung 1: Rating-Drift 1 Jahr, US Municipal-Emittenten und globale Emittenten von Unternehmensobligationen, 1970-2022

Quelle: Moody's Investors Service

Die meisten staatlichen und kommunalen Emittenten haben ein hohes Rating, während Unternehmensobligationen im Durchschnitt ein niedrigeres Rating aufweisen. Das Median-Rating kommunaler Emittenten liegt bei Aa3, verglichen mit Baa3 für globale Unternehmensobligationen.

Es überrascht daher nicht, dass die Ausfallquoten von Municipals in der Vergangenheit aussergewöhnlich niedrig waren, vor allem im Vergleich zu den globalen Ausfallquoten. Die Ausfallquote globaler Investment Grade-Unternehmensobligationen ist mehr als 24 Mal so hoch wie die Ausfallquote von Municipals mit Investment Grade-Rating. Die durchschnittliche kumulierte Zehnjahres-Ausfallquote globaler Hochzins-Unternehmensobligationen ist mehr als vier Mal so hoch wie die hochverzinslicher Municipals (Abbildung 2). 

Abb. 2: Ausfallquoten von US Municipals und globalen Unternehmensobligationen im Vergleich

  US Municipal Bonds  Unternehmensobligationen 

Aaa

0,00

0,34

AA

0,02

0,75

A

0,10

1,90

Baa

1,05

3,64

Ba

3,31

15,82

B

16,65

34,66

Caa-C

23,58

47,92

UK Investment Grade

0,09

2,23

Nicht-Investment-Grade

6,84

29,81

Alle gerateten Emissionen  0,15    10,72 

Quelle: Moody’s Investors Service, 19. Juli 2023: US Municipal Bond Defaults and Recoveries, 1970-2022.

Vergangenheitswerte geben keinen Aufschluss über die künftige Wertentwicklung einer Anlage.

Abbildung 3 zeigt das Universum steuerpflichtiger Municipals und vergleicht ausstehende Obligationen mit Municipal CUSIPs mit solchen mit Corporate CUSIPs. Beide Gruppen von Obligationen zeichnen sich durch eine eher längere Laufzeitenstruktur aus, wobei die Tendenz zu längeren Laufzeiten bei Obligationen mit Corporate CUSIPs stärker ausgeprägt ist. Dies verdeutlicht die Verfügbarkeit von Obligationen mit längeren Laufzeiten, die zum Beispiel auf die längerfristigen Verbindlichkeiten von Lebensversicherern abgestimmt sind.

Darüber hinaus sind alle steuerpflichtigen Municipals in der Regel nicht kündbar, was für Liability Matching-Zwecke ebenfalls vorteilhaft ist.

Abbildung 3: Laufzeitstruktur steuerpflichtiger Municipals - Municipal CUSIPs im Vergleich zu Corporate CUSIPs

Quelle: Bloomberg, JP Morgan, 29. Februar 2024. Nur Festzins- und Nullkupon-Obligationen. Keine Notes. 

Solvency II und Infrastrukturinvestitionen

In Europa ansässige Versicherer unterliegen seit Januar 2016 dem Solvency II-Regelwerk und den zugehörigen Eigenkapitalanforderungen. Unter Berücksichtigung des Marktrisikomoduls der Standardformel wird die Kapitalanforderung für eine Obligation oder einen Kredit auf der Grundlage der Zins-, Spread-, Konzentrations- und Währungsrisikomodule berechnet.

Einfach ausgedrückt weist das Spread-Risikomodul einer Obligation eine Kapitalanforderung auf der Grundlage von Duration, Rating (Bonitätseinstufung) und Risikofaktor zu, wobei der Risikofaktor vom Sektor abhängt. Beispielsweise haben europäische Staatsobligationen – unabhängig vom Rating – einen Risikofaktor von null, wodurch eine Eigenmittelunterlegung für das Spreadrisiko entfällt. Besicherte Obligationen mit Aaa/Aa-Rating haben einen niedrigeren Risikofaktor als gewöhnliche Unternehmensobligationen und profitieren von einer geringeren Eigenmittelunterlegung. Dagegen wird Forderungsverbriefungen ein höherer Risikofaktor zugewiesen.

In Anbetracht der Auswirkungen des Kreditratings einer Obligation auf die Berechnung der Kapitalanforderung für das Spreadrisiko könnten US Municipals mit ihrer hohen Qualität für Versicherer, die dem Solvency II-Regelwerk unterliegen, attraktiv sein. Das kann insbesondere für Versicherer gelten, die nach „günstigen“, auf ihre längerfristigen Verbindlichkeiten abgestimmten Durationsquellen suchen.

Darüber hinaus zahlen steuerpflichtige US Municipals in der Regel höhere Zinsen als börsennotierte Kreditanlagen oder Unternehmensobligationen mit vergleichbarem Rating. Das führt zu einer höheren erwarteten kapitaladjustierten Rendite im Vergleich zu anderen Arten von Obligationen, selbst wenn steuerpflichtige Municipals unter Solvency II als USD-Unternehmensobligationen eingestuft werden (ein von einigen Versicherern angewandter Ansatz).

Allerdings kann es möglich sein, eine vorteilhaftere Solvency II-Behandlung zu erlangen.

Revenue Bonds (die rund 70% der Gesamtemissionen ausmachen) sind praktisch nichts anderes als Infrastrukturobligationen und mit den Einnahmen essenzieller US-Infrastruktur verknüpft (Universitäten, Krankenhäuser, Strassen usw.).

Die von der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions Authority) im Jahr 2016 überarbeitete Version des Spreadrisiko-Moduls umfasst neue Eigenkapitalanforderungen speziell für Infrastrukturinvestitionen (sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalinvestitionen). Im Vergleich zu Unternehmensobligationen obligationmit ähnlichem Rating müssen Versicherer für Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur etwa 30% weniger Eigenkapital vorhalten. Die Identifizierung von Municipal Bonds, die diese Anforderung erfüllen, könnte daher vorteilhaft sein.

EIOPA definiert eine qualifizierte Infrastrukturinvestition als Investition in eine Infrastrukturgesellschaft, „die keine andere Funktion als das Eigentum, die Finanzierung, die Entwicklung oder den Betrieb von Infrastrukturvermögenswerte ausübt“. Bei diesen Vermögenswerten muss es sich um „physische Strukturen oder Anlagen, Systeme und Netze, die grundlegende öffentliche Dienste erbringen oder unterstützen“1 handeln, wie zum Beispiel Mautstrassen oder Klärwerke. Ausserdem muss der Vermögenswert „vorhersehbare“ Cashflows generieren.2 Obligationen sollten ein Investment Grade-Rating3 haben und der Versicherer sollte seine Fähigkeit, die Vermögenswerte bis zur Fälligkeit zu halten, nachweisen können.4  Viele Revenue Bonds entsprechen den Solvency II-Kriterien für Infrastrukturobligationen und profitieren daher vor einem reduzierten Spreadrisiko-Faktor.

Da Municipals in US-Dollar emittiert werden, tragen europäische Anleger ein zusätzliches Risiko und müssen entscheiden, ob sie das inhärente Währungsrisiko absichern wollen.

In der Standardformel für die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung (SCR) legt die Aufsichtsbehörde das für Währungsrisiken erforderliche Kapital fest und schreibt vor, dass für jede Fremdwährung die Auswirkungen einer Auf- bzw. Abwertung um 25% (standardisiertes Stressszenario) auf den Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Versicherers berechnet werden müssen.5 Dadurch ergibt sich ein Risikozuschlag von 25% für das US-Dollar-Währungsrisiko, sofern das Engagement nicht in der Lokalwährung des Versicherers (z.B. Euro oder britischem Pfund) abgesichert wird.

Fussnoten

  • Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 der Kommission vom 30. September 2015, Artikel 1 55 (a) und (b)

    2 Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 der Kommission vom 30. September 2015, Artikel 164a (1)(b)

    3 Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 der Kommission vom 30. September 2015, Artikel 180 (12)(d)

    4 Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 der Kommission vom 30. September 2015, Artikel 164a (1)(d)

    5 Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014, Artikel 188

Wesentliche Risiken

  • Der Wert von Anlagen und die Erträge hieraus unterliegen Schwankungen. Dies kann teilweise auf Wechselkursänderungen zurückzuführen sein. Es ist möglich, dass Anleger bei der Rückgabe ihrer Anteile nicht den vollen investierten Betrag zurückerhalten.

    Kommunale Wertpapiere unterliegen dem Risiko, dass gesetzliche oder wirtschaftliche Bedingungen die Fähigkeit eines Emittenten, Kapital- und/oder Zinszahlungen zu leisten, beeinträchtigen könnten.

    Alle festverzinslichen Wertpapiere sind zwei Arten von Risiken ausgesetzt: dem Kreditrisiko und dem Zinsrisiko. Das Kreditrisiko bezieht sich auf die Möglichkeit, dass der Emittent eines Wertpapiers nicht in der Lage ist, Zins- und/oder Tilgungszahlungen für seine Schulden zu leisten. Das Zinsrisiko bezieht sich auf das Risiko, dass die Obligationkurse im Allgemeinen fallen, wenn die Zinssätze steigen und umgekehrt.

    Kommunale Obligationen werden von staatlichen und lokalen Behörden zur Finanzierung öffentlicher Projekte und Dienstleistungen ausgegeben. Sie zahlen in der Regel Zinsen, die in dem Land, in dem sie ausgegeben werden, eine Steuer darstellen. Aufgrund ihrer Steuervorteile bieten kommunale Obligationen in der Regel niedrigere Renditen vor Steuern als vergleichbare steuerpflichtige Obligationen.

Wichtige Informationen

  • Dies ist Marketingmaterial und kein Anlagerat. Es ist nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Anlageklasse, eines Wertpapiers oder einer Strategie gedacht. Regulatorische Anforderungen, die die Unparteilichkeit von Anlage- oder Anlagestrategieempfehlungen verlangen, sind daher nicht anwendbar, ebenso wenig wie das Handelsverbot vor deren Veröffentlichung.

    Soweit Einzelpersonen oder das Unternehmen Meinungen geäussert haben, beruhen diese auf den aktuellen Marktbedingungen, können sich von denen anderer Anlageexperten unterscheiden, können ohne vorherige Ankündigung geändert werden und sind nicht als Anlageberatung zu verstehen.

    EMEA3469203/2024