2019war ein hervorragendes Marktjahr, insbesondere für Aktien. Am besten schnitten US-Aktien mit einem Kursanstieg um 29,07% ab, gefolgt von chinesischen Aktien (20,94%), europäischen Aktien (20,03%) und Schwellenländeraktien (15,42%).1 Allerdings verlief die Entwicklung nicht immer glatt; langwierige geopolitische Auseinandersetzungen (z.B. der Brexit) und vorübergehende Marktereignisse (wie die inverse Renditestrukturkurve) machten die Märkte nervös und raubten den Anlegern die Contenance.
Einige dieser Themen werden auch 2020 von Bedeutung sein, andere rücken derzeit ins Blickfeld. Im Folgenden befassen wir uns mit fünf Themen, denen wir im Januar besondere Bedeutung beimessen.
Wichtige Themen im Januar
1. Konflikt im Nahen Osten. Nachdem die USA in der vergangenen Woche im Irak einen hochrangigen iranischen General getötet haben, hat der Iran umfassende Vergeltung angedroht. Am 3. Januar (Freitag) reagierten die Märkte noch relativ moderat auf die Ereignisse, die möglicherweise zu einer beträchtlichen Verschärfung der Spannungen im Nahen Osten führen werden. Dies war insofern nachvollziehbar, als sich die Folgen noch nicht absehen liessen und es durchaus möglich erschien, dass es ähnlich wie nach dem iranischen Drohnenangriff auf saudi-arabische Ölfelder im September nicht zu einer nennenswerten Eskalation des Konflikts kommen werde. US-Präsident Donald Trump unternahm am Wochenende einen Entspannungsversuch und äusserte, die USA strebten keinen Regimewechsel im Iran an und wollten keinen Krieg beginnen. In den kommenden Tagen könnte die Marktreaktion jedoch deutlicher ausfallen, zumal der Iran am Wochenende das Atomwaffenabkommen aufkündigte und in der Folge eventuell die Entwicklung von Atomwaffen vorantreiben wird. Darüber hinaus beschloss der Irak, die USA aus dem Land zu weisen. Einige Experten rechnen damit, dass der Iran als Vergeltungsmassnahme möglicherweise einen Cyberangriff starten wird, der US-Unternehmen ernsthaft in Mitleidenschaft ziehen könnte. Ich gehe davon aus, dass die Politik der Federal Reserve nach wie vor der entscheidende Einflussfaktor für die Märkte sein wird. Daher dürften Aktien trotz der Befürchtungen wegen der Turbulenzen im Verhältnis zum Iran unterstützt bleiben. Wir werden die Situation jedoch genau im Blick behalten und vor allem sorgfältig auf Anzeichen für eine Eintrübung des Geschäftsklimas achten.
2. Handelspolitik. Trump gab bekannt, dass die Unterzeichnung des Phase-1-Handelsabkommens zwischen den USA und China für den 15. Januar in Washington, DC geplant sei. Dass das Abkommen abgeschlossen wird, ist wohl sicher; allerdings ist noch nicht klar, ob China tatsächlich bestimmte Abnahmevolumina für US-Güter zusagt. Eine solche positive Entwicklung für China könnte sich jedoch als negativ für die Europäische Union erweisen, falls sich nämlich die USA jetzt auf die EU konzentrieren und einen Handelskonflikt mit ihr anzetteln. Etwaige Äusserungen von Trump und US-Handelspolitikern sollten genau im Blick behalten werden. Ein Handelskonflikt mit der EU könnte die ohnehin schwächelnde Konjunktur im Euroraum zusätzlich dämpfen (die jüngsten Wirtschaftsdaten fielen erneut weitgehend enttäuschend aus) und sich darüber hinaus auf das Geschäftsklima und die Weltwirtschaft auswirken.
3. Brexit. Nach den Feiertagen werden sich der britische Premierminister und das Parlament nun der Verabschiedung der erforderlichen Gesetze widmen, um Großbritannien zum 31. Januar offiziell aus der EU zu führen. Das Hauptproblem bleibt jedoch, dass sich Johnson eine sehr knappe Frist für den Abschluss eines umfassenden Handelsabkommen mit der EU gesetzt hat: Sie läuft Ende 2020 ab. Johnson will die EU keinesfalls um eine Verlängerung bitten. Meines Erachtens wird die wirtschaftspolitische Unsicherheit dadurch unnötig erhöht, und sogar ein ungeordneter „Crash“-Brexit erscheint wieder möglich. Wir werden die Verhandlungen genau beobachten und auf eine rasche Einigung hoffen – wenngleich ich nicht recht daran glaube.
4. Die Politik der Federal Reserve. Der Offenmarktausschuss (Federal Open Market Committee, FOMC) hat vor kurzem das Protokoll seiner Dezember-Sitzung veröffentlicht, dem zufolge die Fed ihre derzeitige Geldpolitik für angemessen hält. Dem neuen „Dot Plot“ zufolge plant die Fed für 2020 keine Leitzinssenkungen. Aus meiner Sicht ist allerdings die Tatsache bedeutsamer, dass die Latte für Zinsanhebungen weiterhin hoch liegt. Der Fed bereitet die niedrige Inflationsrate nach wie vor Sorge. Nun bleibt abzuwarten, ob die Zentralbank auch künftig signalisiert, dass sie ein Überschiessen des Inflationsziels hinnehmen würde. Wir werden vor allem auf Anzeichen für einen möglichen Kurswechsel der Fed achten. Im Jahr 2020 ist dies allerdings unwahrscheinlich, denn die Fed scheint eine längere Pause im Zinszyklus anzustreben. Schon eine geringfügig falkenhaftere Politik der Fed könnte zu Problemen am US-Aktienmarkt führen. Noch in dieser Woche werden wir wohl mehr über die Pläne der Fed erfahren, da John Williams, der Präsident der New Yorker Fed, bei einer Konferenz in London über das künftige Inflationsziel sprechen wird.
5. Schwellenländeraktien. US-Aktien waren im Kalenderjahr 2019 ganz klar die Top-Performer; im vierten Quartal schnitten Schwellenländeraktien jedoch besser ab als US-Titel (11,36% im Vergleich zu 8,60%).1 Dabei wirkte sich das Ende der Bilanznormalisierung im September beträchtlich auf die Performance aus. Insbesondere in China legten die Aktienkurse im vierten Quartal kräftig zu, nämlich um 14,64%.1 Wir werden genau im Auge behalten, ob sich dieser Trend – vor allem angesichts der anhaltenden Impulse in China – fortsetzt. Gerade in der vergangenen Woche hat die People‘s Bank of China die Mindestreserveanforderungen gesenkt. Ich persönlich finde Schwellenländeraktien, insbesondere chinesische, ausserordentlich spannend und werde sie genau beobachten.