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Müssen Investoren einen Ausverkauf zu Halloween fürchten?

Angesichts der Ungewissheit herrscht Unruhe bei vielen Themen
Angesichts der Ungewissheit herrscht Unruhe bei vielen Themen

Im Oktober feiern viele Menschen rund um die Welt Halloween und damit alles, was gruselig und makaber ist. Meine Kinder versetzt das Fest jedes Jahr wieder in helle Aufregung, die Kostüme werden schon mehrere Monate im Voraus ausgewählt (einmal bestand mein älterer Sohn sogar darauf, sein Kostüm an jedem einzelnen Tag im Oktober zu tragen). Aber auch viele Erwachsene, die längst zu alt für Süßes oder Saures sind, finden immer noch, dass ein Oktober kein echter Oktober ist, wenn nicht den ganzen Monat über nonstop Horrorfilme im Fernsehen laufen. Aber egal, wie Sie Halloween feiern – mit süssen Kostümen für die Kleinen oder aufwändig dekorierten Spukhäusern – Halloween macht nur deshalb so viel Spass, weil der Grusel nicht echt ist.

Der Oktober gilt auch an den Aktienmärkten als Angstmonat. Schliesslich haben einige der grössten Aktiencrashs aller Zeiten im Oktober stattgefunden – zum Beispiel die Börsenpanik von 1907, der Börsencrash im Jahr 1929 und der Kurssturz im Jahr 1987. Auch im vergangenen Jahr brachen die Aktienmärkte im Oktober ein. Ein Blick auf die Gesamtstatistik zeigt aber schnell, dass der Oktober in der Vergangenheit nicht der schlechteste Monat für die Aktienmärkte war. Für dieses marktpsychologische Phänomen gibt es sogar einen Ausdruck: „der Oktober-Effekt“.

Investopedia beschreibt diesen als „wahrgenommene Marktanomalie, wonach die Aktienkurse im Oktober tendenziell sinken.“ Man beachte: Wahrnehmung — nicht Realität. In der Definition heiss es weiter: „Der Oktober-Effekt wird hauptsächlich als psychologische Erwartung und weniger als tatsächliches Phänomen betrachtet, da die meisten Statistiken die Theorie widerlegen.“

Und doch habe ich in meinen jüngsten Gesprächen mit Kunden eine deutliche Nervosität in Bezug auf diesen Oktober verspürt, da aktuell so viele Themen für Verunsicherung sorgen. Obwohl die Aktienkurse in diesem Monat bislang leicht gestiegen sind (der MSCI World Index und der S&P 500 Index liegen im Zeitraum 1. bis 18. Oktober mit 0,7% bzw. 0,32% im Plus),1 scheinen die Kunden an jeder Ecke den Auslöser des nächsten Kurssturzes zu sehen.

Mit diesen Ängsten möchte ich mich in dieser Woche näher beschäftigen. Welche Themen stimmen die Investoren aktuell besorgt und wie wahrscheinlich ist es, dass diese bis Halloween zu einem Ausverkauf führen werden?

Fünf Themen, die Anlegern im Oktober vielleicht Angst machen

  1. Schwache Daten aus China. Die chinesische Wirtschaft ist im dritten Quartal mit einer annualisierten Rate von 6,0% gewachsen (nach 6,2% im zweiten Quartal).2 So schwach war das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in China zuletzt vor mehr als zwei Jahrzehnten. Für die Märkte könnte dies einen erheblichen Sorgenfaktor darstellen, zumal ein Abschwung in China gewöhnlich auch auf das Wachstum in Europa drückt und potenziell weltweite Auswirkungen hat.

    Aber auch wenn diese Daten bei den Investoren für Nervosität sorgen, glaube ich, dass diese Ängste sehr schnell wieder verfliegen werden. Schliesslich ist ein BIP-Wachstum von 6% immer noch beachtlich — und liegt auch immer innerhalb, wenn auch am unteren Ende der Zielspanne, die sich China für 2019 gesetzt hat. Einige BIP-Wachstumsprognosen für das vierte Quartal sind zwar auf annualisierte 5,9% heruntergeschraubt worden. Ich glaube aber, dass China alles dafür tun wird, das 6-Prozent-Ziel zu erreichen. Chinas Premier Li Keqiang, der die technische Verantwortung für die Wirtschaft hat, hat die kommunalen Regierungsvertreter dazu aufgefordert, ihre lokale Wirtschaft gezielt zu stimulieren. Li erklärte den Kommunalregierungen, sie bräuchten „ein grösseres Dringlichkeits- und Verantwortungsbewusstsein“ für die Sicherstellung des stabilen Wirtschaftswachstums und müssten „dem Wachstum eine grössere Priorität“ in ihrer Regierungsarbeit beimessen, wie es in einer am 14. Oktober auf der Webseite der chinesischen Regierung veröffentlichten Erklärung heisst.3
  2. Der US-chinesische Handelskonflikt. Wie bereits deutlich zu sehen ist, haben die USA und China ein sehr unterschiedliches Verständnis ihrer „Phase 1“ in den Verhandlungen über eine Handelsvereinbarung. In meinen Augen macht das ein Scheitern der Verhandlungen wahrscheinlicher. Wie das Hin und Her in den US-chinesischen Handelsgesprächen die Märkte bislang bewegt hat, wissen wir. Ich habe allerdings die Hoffnung, dass die Anleger nicht zu stark auf diesbezügliche Meldungen reagieren werden, da es kurzfristig vermutlich noch mehr Auf und Ab, aber keine endgültige Einigung geben wird.
  3. Schwache Wirtschaftsdaten aus den USA. In der vergangenen Woche wurde in den USA eine Reihe enttäuschender Wirtschaftsdaten veröffentlicht. Die Einzelhandelsumsätze sind im September um 0,3% gegenüber dem Vormonat gesunken, nachdem mit einem Anstieg um 0,3% gerechnet worden war.4 Ausserdem fiel die Industrieproduktion im September mit einem Rückgang um 0,4% schwach aus.5

    Auch wenn ein paar Datenpunkte noch nicht zu viel aussagen, werden wir die nächsten US-Datenveröffentlichungen genau im Blick behalten. Die Lage am Arbeitsmarkt ist zwar weiterhin sehr gut. Viele Verbraucher würden einen Konjunkturabschwung aber schmerzhaft zu spüren bekommen, weil sie keine ausreichenden Ersparnisse haben. So hätten einer aktuellen Umfrage zufolge 60% aller Amerikaner nicht genug Geld für eine unerwartete Ausgabe von 1.000 US-Dollar, zum Beispiel für eine notärztliche Behandlung oder eine Autoreparatur.6

    Ich glaube aber, dass die Wirtschaftsdaten kurzfristig recht robust bleiben werden und die Märkte auf etwaige negative Daten positiv reagieren könnten, da sie eine noch akkommodierendere Politik der US-amerikanischen Notenbank (Fed) wahrscheinlicher machen würden.
  4. Fed-Sitzung am 29.-30. Oktober. Im vergangenen Oktober waren die restriktiven Anmerkungen des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell der Auslöser der Kursverluste. Daher könnte man auch meinen, dass ein unpopulärer Zinsentscheid — oder auch nur restriktive Äusserungen des Fed-Chefs — ausreichen würden, um einen erneuten Ausverkauf in diesem Monat anzustossen. Ich halte das allerdings für unwahrscheinlich, da die Fed bei der Wortwahl auf ihrer Pressekonferenz sehr sorgfältig sein dürfte, um genau so etwas zu verhindern.
  5. Disruptive geopolitische Entwicklungen. Politische Turbulenzen in vielen Teilen der Welt wie der Brexit und die Proteste in Hongkong könnten bei den Investoren ebenfalls für Nervosität sorgen. Ich glaube aber, dass die Märkte inzwischen relativ abgehärtet gegenüber den meisten geopolitischen Turbulenzen sind. Solange uns eine extrem ungewöhnliche Entwicklung erspart bleibt, dürften diese Ereignisse daher kaum oder gar keine Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben.

Insgesamt bleibt daher festzuhalten: Dass die Investoren in diesem Oktober etwas ängstlich sind, ist verständlich. Zum aktuellen Zeitpunkt halte ich es aber für unwahrscheinlich, dass diese Beklemmung in einen echten Ausverkauf münden wird. Am furchteinflössendsten dürften an diesem Halloween die Gruselhäuser und Horrorfilme sein — nicht die Entwicklung am Aktienmarkt.

Quellen

  • 1

    Quelle: Bloomberg, L.P.

  • 2

    Quelle: National Bureau of Statistics of China.

  • 3

    Quelle: South China Morning Post, „China’s economy cause of growing concern in Beijing as US-China trade war takes toll on growth“, 15. Okt. 2019.

  • 4

    Quelle: US Commerce Department.

  • 5

    Quelle: US Federal Reserve.

  • 6 Source: Bankrate, January 2019

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  • Daten vom 21. Oktober 2019, sofern nicht anders angegeben. Dieses Marketingdokument stellt keine Empfehlung dar, in eine bestimmte Anlageklasse, Finanzinstrument oder Strategie, zu investieren. Das Dokument unterliegt nicht den regulatorischen Anforderungen, welche die Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen/Anlagestrategieempfehlungen sowie das Verbot des Handels vor der Veröffentlichung der Anlageempfehlung/Anlagestrategieempfehlung vorschreiben. Diese Information dient ausschliesslich der Veranschaulichung und ist keine Empfehlung zum Kauf, Halten oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Die in diesem Material dargestellten Prognosen und Marktaussichten sind subjektive Einschätzungen und Annahmen des Fondsmanagements oder deren Vertreter. Diese können sich jederzeit und ohne vorherige Ankündigung ändern. Diese Publikation ist nicht Bestandteil eines Verkaufsprospektes. Sie enthält lediglich allgemeine Informationen und berücksichtigt keine individuellen Erwartungen, steuerliche oder finanzielle Interessen.

  • EMEA8061/2019