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Aufrechterhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit

Aufrechterhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit

Ein Schlüsselfaktor für das rasante Wachstum Chinas war die „demografische Dividende“ auf Grund der „Ein-Kind-Politik“ (de facto ein Sammelsurium unterschiedlicher Vorgaben, die in unterschiedlichem Umfang umgesetzt wurden). Dadurch konnte das Land den Anteil seiner Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) an der Gesamtbevölkerung erhöhen (siehe Abb. 1). 

Dank dieser Arbeiter, die keine Kinderscharen mehr ernähren mussten, wurde China zur „Fabrik der Welt“ mit mehreren hundert Millionen billiger Arbeitskräfte, die ausländisches Kapital anzog. Der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde 2003 erreicht, als das Land seine arbeitsfähige Bevölkerung um 17,7 Millionen Menschen aufstockte. Ab 2015 gab es allerdings erste Defizite und die arbeitsfähige Bevölkerung geht seitdem zurück.

Abbildung 1: Bevölkerung
Abbildung 1: Bevölkerung
Quelle: United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division (2019). World Population Prospects 2019. Volume II: Demographic Profiles (ST/ESA/SER.A/427).

Dementsprechend sind die Reallöhne in städtischen Ballungsräumen seit 2005 um rund 10% pro Jahr gestiegen und übertreffen sogar das aussergewöhnliche BIP-Wachstum des Landes. Die örtlichen Regierungen haben diesen Trend zusätzlich unterstützt, indem sie die Mindestlöhne in ihren Provinzen anhoben. In den ersten Produktionszentren in Guangdong (nördlich von Hongkong) und Zhejiang (südlich von Shanghai) beliefen sich die gesetzlichen monatlichen Mindestlöhne Ende 1999 auf 450 CNY bzw. 380 CNY (USD 54 bzw. USD 46, angepasst an aktuelle Wechselkurse). Heute betragen sie 2.100 CNY bzw. 2.010 CNY (USD 319 bzw. USD 305) und die Reallöhne für ausgebildete Arbeiter und Facharbeiter liegen noch einmal um 8% jährlich darüber, was die rückläufige Zahl der Arbeitskräfte und die gestiegene Produktivität zum Ausdruck bringt.

Durch die steigenden Löhne verlor China vordergründig an Attraktivität für Investitionen. Allerdings lässt ein einfacher Vergleich dieser Nominalkosten drei wichtige Aspekten ausser acht.

1. Potenzielle Vorteile einer Verlegung von Kapazitäten innerhalb des Landes in billigere Provinzen im Landesinneren.

Der leichte Zugang zu vorhandenen Häfen machte Küstenprovinzen wie Guangdong und Zhejiang von Anfang an zur logischen Standortwahl für Fabriken. Angesichts der Verbesserung der logistischen Infrastrukturen und des effizienteren Betriebs gelang es chinesischen Herstellern, internationalen Kunden billige Arbeitskräfte und rasche Auftragsbearbeitung anzubieten, durch die wiederum die Bestandshaltung reduziert werden konnte. Zusätzlich waren die gestiegenen Einsparungen bei den Lagerhaltungskosten ein zumindest teilweiser Ausgleich für gestiegene Arbeitskosten.

Jetzt, nach mehreren Jahrzehnten fokussierter Investitionen durch die Regierung von Xi Jinping zur Entwicklung der Infrastrukturen in den Provinzen im Landesinneren, bieten Fabriken an Orten wie Anhui, Chongqing und Sichuan deutlich niedrigere Löhne mit begrenzten Lieferzeitverlusten. Beispielsweise sind Chengdu (Sichuan), Zhengzhou (Henan), Chongqing, Xi’an (Shaanxi) und Urumqi (Xinjiang) Hubs für den China-Europe Railway Express Service nach Duisburg durch Zentralasien und Osteuropa, der Teil der neuen Seidenstrasse ist.

China Railway, der staatliche Bahnbetreiber, entwickelt ein Netzwerk mit Hochgeschwindigkeits-Güterzügen, vergleichbar mit dem Netz für den Personenverkehr. Der Warenverkehr ist in China auf Grund von Unterkapazitäten derzeit etwa doppelt so teuer wie in Japan und den USA. Investitionen in ein fortschrittliches Leitsystem und eigene Bahnstrecken könnten den Anteil der Waren erhöhen, die entweder mit dem China-Europe Railway Express bis nach Europa verschickt werden oder an Häfen gebracht und als Schiffsfracht weiter verschickt werden. Dadurch würden die hohen Logistikkosten gesenkt und auch die Umwelt geschützt, weil verschmutzende LKWs von der Strasse geholt werden.

2. Chinesische Arbeitskräfte sind hoch produktiv und werden durch Investitionen in Robotertechnik und Automatisierung unterstützt.

Technologische Verbesserungen machen Investitionen in Robotertechnik und Automatisierung zu Alternativen für menschliche Arbeitskraft und ermöglichen Produktivitätssteigerungen für Arbeitnehmer. Laut International Federation of Robotics wurden in chinesischen Fabriken 2019 140.500 Einheiten installiert, bei weitem die meisten weltweit (Japan liegt an zweiter Stelle mit rund 50.000) (s. Abb. 2). Obwohl auf China über 30% der installierten Basis entfallen, liegt das Land mit einer Dichte von 187 Robotern pro 10.000 Arbeitern noch immer hinter Ländern wie Japan (364), Deutschland (346) und Südkorea (855). Jetzt wo kollaborative Roboter oder „Cobots“ auf den Markt kommen, gibt es zunehmend Möglichkeiten, damit selbst Arbeitnehmer, die einfachere Aufgaben ausführen, effizienter und produktiver werden.

Abbildung 2: Jährliche Aufstellung von Industrierobotern, 15 grösste Märkte, 2019
Abbildung 2: Jährliche Aufstellung von Industrierobotern, 15 grösste Märkte, 2019
Quelle: IFR - International Federation of Robotics.

Jenseits von Robotik und Automatisierung bieten Regierungen auf zentraler und lokaler Ebene Zuschüsse, Subventionen und andere Unterstützungsmassnahmen für die Errichtung einer global wettbewerbsfähigen Halbleiterindustrie. Lokale Fertigungsanlagen (Endfertigung von Halbleiterchips) haben 14-Nanometer-Verfahren entwickelt, die mit internationalen Wettbewerbern wie Intel und Global Foundries mithalten können (die nicht im Rahmen der Strategie von Invesco Emerging Markets Select Equity gehalten werden), und den Abstand zu technologischen Marktführern wie Taiwan und Südkorea verkürzt. Bei integrierten Schaltkreisen für Anwendungen wie künstliche Intelligenz und autonomes Fahren wurden mehrere chinesische Unternehmen selbst zu internationalen Marktführern und haben globale Technologiefirmen nach China gebracht, um die besten Ingenieure einzustellen. Die Regierung hat ähnliche Programme für Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien, allen voran Solarenergie, umgesetzt, die China ebenfalls eine Führungsstellung in diesen Bereichen verschafft haben.

3. Es gibt ein Potenzial für eine weitere Erhöhung der Produktivität durch Aus- und Weiterbildung.

Der dritte Schlüsselbereich für die Aufrechterhaltung und Verbesserung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit ist das Humankapital. China hat seinen Bildungsstand seit den 1970er Jahren deutlich verbessert. Heute gehören die Ergebnisse des Landes in der PISA-Studie1 in allen drei Kategorien (Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften) zu den besten der Welt. Tatsächlich befindet sich China in einer global einzigartigen Position, weil das jüngere Ende seiner arbeitsfähigen Kohorte besser gebildet ist als die in den Ruhestand gehenden Arbeitskräfte, was die Produktivitätseinbussen auf Grund des schrumpfenden Arbeiterreservoirs mehr als wettmacht. Dadurch konnte das Land aggressiv in High-Tech-Branchen wie Hochgeschwindigkeitszüge, Halbleiter, Spezialchemie, Elektrofahrzeuge und sogar Weltraumtechnologien einsteigen. Das hat den doppelten Vorteil, im Export auf reichere Märkte zu drängen und gleichzeitig die chinesischen Anforderungen für ihre Einfuhr zu reduzieren oder zu beseitigen.2

Doch obwohl China Fortschritte gemacht hat, besteht noch Luft nach oben, um ein kontinuierliches Wachstum zu befeuern. Beispielsweise liegt die Verstädterungsrate des Landes nur bei 60%, obwohl die staatliche Politik versucht, diese Rate zu erhöhen. Der durchschnittliche Bildungsstand unter Landarbeitern, die durch Verstädterung in die formale Erwerbsbevölkerung aufgenommen werden, liegt nur bei 8,25 Jahren (was neun Jahren Schulpflicht in ländlichen Gebieten entspricht), im Vergleich zur 12-jährigen Pflichtausbildung, die nahezu universell für Arbeiter in Städten gilt. Zudem besitzen nur 2% der Landarbeiter einen dem Junior College entsprechenden Abschluss im Vergleich zu rund 20% unter den Arbeitnehmern in Städten.3 Die Regierung weiss, wie wichtig es ist, das Bildungsniveau wohlhabender Länder zu erreichen, um die Produktivität zu fördern und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ebenso wissen Arbeitgeber um die Notwendigkeit einer verbesserten Berufsausbildung. Dadurch entstand ein Umfeld, das private Bildungsinstitute im Bereich der weiterführenden Schulen und der höheren Bildung fördert.

Fußnoten

  • 1 China meldet nur die Ergebnisse von Schülern in Peking, Shanghai, Jiangsu und Zhejiang.

    2 Song, Fang und Johnston, „China’s Path Towards New Growth: Drivers of Human Capital, Innovation, and Technological Change.”

    3 Cao, Yu, Wu, Wang und Mi, „The Educational Level of Rural Labor, Population Urbanization, and Sustainable Economic Growth in China.”

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