Insight

Diversifikation – zu viel ist genau richtig

Diversification – too much is just right

„Diversifikation: der einzige Free-Lunch in der Finanzbranche“ mag ein Klischee sein, enthält aber mehr als ein Körnchen Wahrheit: In einer Welt, in der sich kaum Renditeprognosen anstellen lassen, ist eine Minderung der Volatilität, die nicht auf Kosten der Rendite geht, extrem wertvoll.

Dabei muss zwischen Diversifikation und Absicherung unterschieden werden. Bei der Diversifikation wird erwartet, dass alle Ideen eine positive Rendite erzielen, während bei der Absicherung bewusst Ideen umgesetzt werden, die sich im Hinblick auf das Risiko und die Rendite gegenseitig ausgleichen. Uns geht es um echte Diversifikation: gute Anlageideen, die kaum miteinander korreliert sind.

Investoren schätzen diesen Ansatz nicht immer, da sie fürchten, dass die Diversifikation die Volatilität reduziert, und auf Grundlage naiver Analysen zum Beispiel der Information Ratio schließen, dass dadurch zwangsläufig auch die potenzielle Rendite sinkt. Dieser Schlussfolgerung liegt die falsche Annahme zugrunde, dass die Marktrenditen im Zeitablauf unabhängig und identisch verteilt sind (in der Statistik wird dafür die Abkürzung i.i.d. verwendet).

Wir wissen, dass Renditen in der echten Welt unterschiedliche Trendverläufe zeigen und Anlageideen daher negativ miteinander korreliert sein und trotzdem positive Renditen erzielen können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Entwicklung von US-Staatsanleihen und dem S&P500 in den vergangenen 20 Jahren. Beide sind in den meisten Perioden negativ miteinander korreliert, haben aber über den gesamten Betrachtungszeitraum jeweils bedeutende positive Renditen generiert.

Abb. 1: Anlagewerte, die negativ miteinander korreliert sind, können beide Erträge generieren
Abb. 1: Anlagewerte, die negativ miteinander korreliert sind, können beide Erträge generieren
Quelle: Bloomberg, Stand 8. Mai 2020. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Entwicklungen.

Obwohl die Vorteile der Diversifikation auf der Hand zu liegen scheinen, wird immer wieder von der Gefahr der „Überdiversifikation“ gesprochen. Für die Skepsis der Investoren gegenüber den Vorteilen einer wirklichen Diversifikation gibt es drei mögliche Hauptgründe:

  • Eine Idee, die in einem bestimmten Umfeld zur Diversifikation beiträgt, kann nicht mehr diversifizierend wirken, wenn sich die Korrelationen ändern – was im Zeitverlauf immer wieder zu beobachten ist. Ein Beispiel dafür können strukturierte Produkte mit einer hohen Kuponverzinsung, aber einem inhärenten Tail-Risk, d.h. Extremrisiko, sein. Die Kuponzahlungen scheinen zumeist nicht mit dem Gesamtmarkt korreliert zu sein und werden nur bei einem Extremereignis vom gleichen Abwärtssog erfasst wie andere Risikoanlagen.
  • Investoren, die zumeist mit stark eingeschränkten Anlageuniversen zu tun haben, können Zweifel am Potenzial für echte Diversifikation haben. Beispielsweise wird der mögliche Diversifikationsgrad eines Long-only-Aktienportfolios deutlich eingeschränkter sein als der eines Long/Short-Multi-Asset-Portfolios.
  • Hindsight-Bias (Rückschaufehler). Diversifikation ist gut – noch besser aber ist es, den Vermögenswert gekauft zu haben, der am besten performt hat! Das ist natürlich ein schwaches Argument. In einem Großteil der Kritik an diversifizierten Portfolios ist es aber implizit enthalten. Es liegt in der Natur der Dinge, dass ein Teil der Anlageideen im Betrachtungszeitraum an Wert verloren haben wird. Da sich immer nur beschränkt Vorhersagen machen lassen, bedeutet das aber nicht zwangsläufig, dass es keine gute Idee war, diese Ideen zu halten.

Eine echte Diversifikation ist zweifellos vorteilhaft, aber auch schwierig zu erreichen, da die Identifizierung wirklich unabhängiger Renditequellen sehr aufwändig ist. Neben der Diversifikation ist natürlich auch wichtig, dass die Ideen auch eine positive Rendite generieren.

Wir beginnen mit unserer Ansicht nach guten Ideen und schauen uns dann an, wie wir eine Diversifikation erreichen, anstatt einfach nur nach diversifizierenden, aber nicht notwendigerweise guten Ideen Ausschau zu halten. Da der zusätzliche Vorteil aus der Aufnahme weiterer unabhängiger Renditequellen schrittweise abnimmt, liegt die Annahme nah, dass es einen „Sweet Spot“ gibt – einen optimalen Punkt, an dem die Diversifikation ausreichend ist, um von den Vorteilen zu profitieren, aber keine zusätzlichen Kosten bzw. zusätzlicher Aufwand für die Abbildung weiterer diversifizierender Anlagen anfallen.

Abb. 2: Diversifikationsvorteile sind nicht linear
Abb. 2: Diversifikationsvorteile sind nicht linear
Quelle: Invesco, Stand: 30. Juni 2020. Nur zur Illustration.

An dieser Stelle kommt aber eine weitere sehr wichtige Markterkenntnis ins Spiel: die Feststellung, dass die Diversifikation in einer Krise stets abnimmt. In Krisenphasen zeigt sich unweigerlich, dass ein Teil der vermeintlichen Diversifikation in einem Portfolio nicht tragfähig war, da sich einige der Renditen als nicht wirklich unabhängig erwiesen.

„In der Krise tendiert der Korrelationsfaktor in Richtung 1“, heißt es dann häufig. Die Realität sieht aber etwas anders aus: Die Diversifikation lässt stets nach, wird aber nicht komplett aufgehoben. Abbildung 3 veranschaulicht die längerfristige Entwicklung der effektiven Anzahl unabhängiger Positionen in einem bestimmten Multi-Asset-Universum.

Abb. 3: Unabhängigere Faktoren tragen zur Diversifizierung bei
Abb. 3: Unabhängigere Faktoren tragen zur Diversifizierung bei
Quelle: Invesco, Stand: 30. Juni 2020. Nur zur Illustration. Kann sich ändern. Die Wertentwicklung der Vergangenheit (simuliert oder tatsächlich) ist keine Garantie für künftige Entwicklungen.

Das illustrative Global Balanced 60/40 Portfolio besteht zu 60% aus globalen Aktien und zu 40% aus globalen Anleihen. Diversifizierte Growth-Fonds werden als breit aufgestellte Portfolios ausgewählter Aktien-, Unternehmens- und Staatsanleihen- sowie Währungspositionen (long only) modelliert. Uneingeschränkte Multi-Asset-Portfolios können (Long-, Short- und Relative-Value-) Positionen in unterschiedlichen Regionen und Anlageklassen eingehen. Zur Bestimmung der unabhängigen Faktoren wurde eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt, um die Varianz der Renditen der Portfoliopositionen als statistisch unkorrelierte Faktoren zu erklären. Die Verteilung dieser Faktoren wurde in einer einzigen numerischen Statistik zusammengefasst. Diese Statistik entspricht der Anzahl der gleichgewichteten, unkorrelierten Faktoren im Portfolio. Alle Daten wurden anhand indikativer Portfolios und historischer Anlagerenditen simuliert. Aus der Erkenntnis, dass die Diversifikation vermutlich genau dann abnimmt, wenn wir sie am dringendsten brauchen, und dass eine reduzierte Diversifikation eine non-lineare Wirkung hat, lässt sich etwas sehr Wichtiges schließen: Für den Aufbau eines wirklich robusten Portfolios erscheint es ratsam, in guten Zeiten eine „zu hohe“ Diversifikation zu haben, um auch dann noch ein ausreichend diversifiziertes Portfolio zu haben, wenn man es wirklich braucht. Verdeutlichen lässt sich dies anhand von zwei Ausgangspunkten:

  • einer „ausreichenden“ Diversifikation: Der Anleger profitiert von den meisten Vorteilen der Volatilitätsreduktion, ohne zu viel Aufwand für eine noch breitere Risikostreuung zu betreiben – illustriert anhand von 4 Faktoren, die einen Diversifikationsvorteil von 50% bieten.
  • einer „zu hohen“ Diversifikation: eine zusätzliche Diversifikation, aus der sich wenig zusätzliche Vorteile zu ergeben scheinen – illustriert anhand von zehn Faktoren, die nur einen zusätzlichen Diversifikationsvorteil von 28% für (mindestens) einen 2,5 Mal so hohen Aufwand bei der Ideengenerierung liefern.

Kommt es aber zu einer Krisensituation, in der die Diversifikation zurückgeht, werden die Vorteile deutlich: eine höhere Ausgangsdiversifikation dient als Puffer, durch den der „Wendepunkt“, der bei einer kleineren Anzahl unabhängiger Faktoren erreicht wird, vermieden wird, und die Volatilität begrenzt bleibt.

In diesem Beispiel erwiesen sich zwei der Faktoren als nicht unabhängige Faktoren, wodurch die Anzahl der unabhängigen Faktoren um 2 reduziert wird. Dadurch erhöht sich die Volatilität des roten Portfolios auf 41%, während die Volatilität des grünen Portfolios nur um 12% ansteigt.

Abb. 4: Diversifikationsvorteile in der Krise
Abb. 4: Diversifikationsvorteile in der Krise
Quelle: Invesco, Stand: 30. Juni 2020. Nur zur Illustration.

Dieses vereinfachte Beispiel verdeutlicht einen wichtigen Punkt: Eine echte Diversifikation dient als Puffer und Grundlage für den Aufbau eines viel robusteren Portfolios – und damit eine höhere Stabilität der Kapitalanlage.

Diese Philosophie bildet den Kern unseres Portfoliokonstruktionsprozesses. Umgesetzt wird sie mit einer Kombination von quantitativen Methoden (umfassende Nutzung hypothetischer Szenarioanalysen sowie traditioneller Risikomodelle) und qualitativen Ermessensentscheidungen (z.B. zu fundamentalen Renditetreibern einzelner Anlageideen oder dem Verhalten der Marktteilnehmer). Beide sind unverzichtbar, um unter unterschiedlichen Marktgegebenheiten absolute Renditen zu erzielen.

Erfahren Sie mehr über die Strategie

Risikohinweis

  • Invesco Global Targeted Returns Strategie

    Änderungen an Zinssätzen führen zu Wertschwankungen. Die Strategie wird zu Anlagezwecken in Derivate (komplexe Instrumente) investieren. Dies kann dazu führen, dass das Portfolio erheblich gehebelt ist und kann zu starken Wertschwankungen führen. Die Strategie kann in Schuldtitel investieren, die eine niedrigere Kreditqualität haben. Dies kann zu starken Wertschwankungen führen. Da ein Teil der Strategie Engagements in weniger entwickelten Ländern umfassen kann, sollten Sie darauf vorbereitet sein, starke Wertschwankungen hinzunehmen.

Wichtige Informationen

  • Diese Webseite dient lediglich der Information und stellt keine Aufforderung zum Kauf, Halten oder Verkauf von Fondsanteilen, noch zur Übernahme einer Strategie dar. Diese Webseite stellt insbesondere keinen spezifischen Anlagerat dar, und lässt somit individuelle Bedürfnisse und Interessen eines Anlegers unberücksichtigt. Vor dem Erwerb von Anteilen sollten Anleger sich über die für sie geltenden Gesetze und Vorschriften informieren und unabhängigen Rat hinsichtlich der Geeignetheit der Strategie/des Fonds für ihre Anlagezwecke einholen. Es kann nicht garantiert werden, dass die angestrebten Ziele erreicht werden. Die in diesem Material dargestellten Prognosen und Marktaussichten sind subjektive Einschätzungen und Annahmen des Fondsmanagements oder deren Vertreter. Diese können sich jederzeit und ohne vorherige Ankündigung ändern. Es kann keine Zusicherung gegeben werden, dass die Prognosen wie vorhergesagt eintreten werden.

    Weitere Informationen zu den jeweiligen Produkten entnehmen Sie bitte den wesentlichen Anlegerinformationen („KIID“/“KID“), dem aktuellen Verkaufs-/Emissionsprospekt sowie den aktuellen Jahres- und Halbjahresberichten, Satzung (Verkaufsunterlagen). Eine Anlageentscheidung muss auf den jeweils gültigen Verkaufsunterlagen basieren. Diese sind bei dem Herausgeber dieser Information oder der relevanten Informationsstelle kostenlos als Druckstücke erhältlich. Zudem erhalten Sie diese unter invesco.eu. Die wesentlichen Anlegerinformationen erhalten Sie in deutscher Sprache.