Gemessen am investierten Vermögen entfällt der größte Anteil des Marktes für ESG-ETFs auf ETFs, die einen strengen „Best in Class“-Ansatz verfolgen. Die höchsten Vermögenszuflüsse verzeichneten 2022 und im laufenden Jahr 2023 jedoch Klima-ETFs. Da die meisten ESG-ETFs passiv gemanagt werden, konzentrieren wir uns bei den unterschiedlichen Ansätzen auf die zugrunde liegenden Indizes.
Unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Ziele
Bei der Konstruktion von ESG-Indizes werden zunächst Wertpapiere von Unternehmen ausgeschlossen, die nach Definition des Indexanbieters in umstrittenen Aktivitäten oder Branchen tätig sind – üblicherweise Bereiche wie umstrittene Waffen, Kohle und Tabak. Bei einigen Indizes erfolgen mehr, bei anderen weniger Ausschlüsse. Deshalb sollten Anleger prüfen, welche Unternehmen bei diesem Schritt vom Index ausgeschlossen werden. Im Allgemeinen dürfte die Wertentwicklung des ESG-Index umso stärker vom Mutterindex abweichen, je mehr Titel ausgeschlossen werden.
Bei Indizes mit einem Ansatz auf der Basis von Ausschlüssen ist der Prozess meist zweistufig:
- Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
- Neugewichtung der verbleibenden Wertpapiere (üblicherweise nach ihrer Marktkapitalisierung).
Ein ausschlussbasierter Ansatz zielt meist auf ein Indexprofil ab, das dem des Mutterindex ähnelt, jedoch ohne Wertpapiere, die als gänzlich unakzeptabel gelten (gemäß Definition des Indexanbieters in seiner Indexmethodik). Das führt fast zwangsläufig zu einem Index, der auch Unternehmen enthält, die niedrige ESG-Scores aufweisen oder Geschäftsaktivitäten nachgehen, die bei strengeren ESG-Ansätzen ausgeschlossen würden.
Zudem erfolgt bei einem solchen Ansatz auch keine „positive Vorauswahl“, wie etwa eine Höhergewichtung von Unternehmen mit einem höheren ESG-Score oder höheren Umsätzen aus umweltfreundlichen Aktivitäten. Deshalb wird ein ausschlussbasierter Ansatz bei ETFs manchmal auch als „ESG light“-Ansatz bezeichnet.
Indizes mit einem Tilting-Ansatz priorisieren bestimmte Bereiche und streben ebenfalls nach ähnlichen Eigenschaften wie der Mutterindex. Durch ihre Methodik sollen jedoch der ESG-Gesamtscore oder andere relevante Kennzahlen ggü. dem Mutterindex verbessert werden. Solche Indizes wollen etwa für eine niedrigere CO2-Intensität oder höhere Umsätze aus umweltfreundlichen Aktivitäten sorgen. Der erste Schritt ist, wie erwähnt, derselbe wie bei einem ausschlussbasierten Ansatz:
- Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
- Anwendung eines Tilting-Faktors auf die verbleibenden Titel anhand ihrer ESG-Scores (üblicherweise ggü. ihren Mitbewerbern),
- Höhere Gewichtung von Titeln mit überdurchschnittlichen Scores
- Niedrigere Gewichtung von Titeln mit unterdurchschnittlichen Scores
Bei dieser Indexmethodik werden Ziele und Umsetzung des Tilting festgelegt. Im Allgemeinen werden jedoch bestimmte Wertpapiere höher und andere niedriger gewichtet. Durch einen Tilting-Ansatz werden praktisch Unternehmen mit guten ESG-Ergebnissen belohnt und Nachzügler bestraft (sie sind zwar nach wie vor enthalten, aber niedriger gewichtet).
Indizes auf Basis eines Best in Class-Ansatzes sind meist auf Unternehmen mit den besten ESG-Profilen in ihren jeweiligen Sektoren ausgerichtet. Zugleich werden Unternehmen mit den schlechtesten ESG-Profilen im Sektorvergleich komplett ausgeschlossen. Auch hier sind Ausschlüsse also der erste Schritt:
- Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
- Ausschluss aller Titel mit einem ESG-Score unter einem vordefinierten Schwellenwert,
- Neugewichtung der verbleibenden Wertpapiere gemäß der Indexmethodik, etwa durch Optimierung oder andere Maßnahmen zur Verringerung des Tracking Error.
Je nachdem, wie viele Indexbestandteile ausgeschlossen werden, kann man davon ausgehen, dass die Wertentwicklung dieser Indizes üblicherweise mehr vom Mutterindex abweicht als bei anderen ESG-Ansätzen. Die „lockersten“ Best in Class-Ansätze zielen vielleicht darauf ab, etwa 75 % des Mutterindex auszuschließen, und die „strengsten“ Versionen enthalten vielleicht nur die besten 25 % der Marktgewichtung, ausgewählt nach ihren ESG-Scores. Je strenger die Auswahlkriterien, desto mehr dürfte die Wertentwicklung vom Mutterindex abweichen.