Während China vielfach gewachsen ist und sich entwickelt hat, war sein Finanzsystem bis in die letzten Jahre relativ unausgereift und bedarf auch heute noch weiterer Öffnungen und Reformen.
Auf der anderen Seite konnten die staatlichen Regulierungsinstanzen aus den Erfahrungen der Industrieländer lernen und die Entwicklung bestimmter innovativer Technologie-basierter Produkte zulassen, weil bestimmte Teile der Finanzinfrastruktur noch nicht etabliert waren, ohne sich mit Altlasten herumschlagen zu müssen. Dadurch ergeben sich für die Chinesen, die traditionell eifrige Sparer sind, Chancen, um Wohlstand für finanziell und wirtschaftlich positive Zwecke einzusetzen. Und Investoren erhalten dadurch die Möglichkeit, einzigartige Unternehmen zu finden.
Noch 2010 war das chinesische Banksystem äußerst einfach gestrickt. Die vier großen Staatsbanken hielten den Großteil der Vermögen, bei denen es sich im Wesentlichen um Kredite für Unternehmen in Staatsbesitz handelte, während einige wenige kommerzielle Darlehen an Privatunternehmen und Wohnungskredite gingen. Die Finanzierung stammte im Wesentlichen aus Unternehmen in Staatsbesitz mit konservativen Kapitalstrukturen und von privaten Sparern. Da die Banken größtenteils im regulären Bankgeschäft tätig waren, waren Nicht-Zins-Einkünfte minimal, während die Zinsen streng reguliert wurden und es den Banken ermöglichten, höhere Nettozinsmargen als Banken auf anderen Märkten zu genießen. Die Folge war insbesondere für die größeren staatlichen Banken eine niedrigere Vermögensqualität, zum Teil weil sie weniger Ermessensspielraum beim Anbieten von Krediten an andere Staatsunternehmen hatten, aber auch auf Grund der Festsetzung der Anreize für Bankmanager, die eher auf Vermögenswachstum als auf Risikobereitschaft und Rentabilität ausgelegt waren.
Die finanziellen Auflagen auf Grund einer falschen Kapitalzuteilung durch einen ineffizienten Banksektor und die unreife Finanzindustrie außerhalb des Banksektors begrenzten das Wachstum, als der Super-Zyklus abebbte. Nachdem ihr dies klar geworden war, brachte die Regierung unter Xi Jinping neue Reformen voran, um den Zugang zu Finanzierung für produktive Branchen zu erleichtern und Unternehmen und Branchen mit geringem Mehrwert vom Fluch des fast kostenlosen Kapitals zu befreien. Dazu gehörte die Einführung eines Risikos für bestimmte Finanzprodukte, die zuvor über implizite Staatsgarantien verfügten, darunter „schattenfinanzierte“ Treuhandkredite, die von den Banken aus ihren Bilanzen herausgehalten wurden.
Angesichts der alternden chinesischen Bevölkerung gehört die Zukunft der älteren Menschen und ihrer Kinder, ihr Lebensstandard und ihre Gesundheitsversorgung in der Rente zu den Hauptsorgen der Regierung. Dabei stoßen die Zentralregierung, aber auch lokale Regierungen im Sozialversicherungssystem an ihre Grenzen und wollen auch nicht die gesamte Last den erwachsenen Kindern in ihren wichtigsten Arbeitsjahren aufbürden. Zur Lösung dieses Problems hat die Regierung die Bestimmungen für die Versicherungsbranche und die Vermögensverwaltung gelockert, um Sparprodukte, Krankenversicherungen und andere Anlageprodukte zu schaffen, damit die Sparer angemessene Risiko-angepasste Renditen erhalten und sich auf die Rente vorbereiten können. Sie haben auch den Zugang zu den Börsen in Shenzhen und Shanghai erweitert und generell den Zugang von Privatanlegern zu den Aktienmärkten erleichtert.
Dennoch gibt es derzeit etliche Produkte, die in Industrieländern und selbst in einigen vergleichbaren Schwellenländern gang und gäbe sind, noch immer nicht. Die Penetrationsraten kommerzieller Krankenversicherungen sind noch immer niedrig und liegen im niedrigen einstelligen Bereich und damit in einer Größenordnung, die Südostasien bereits vor 25 Jahren erreicht hatte (s. Abb. 1). Es gibt zwar ein Sicherheitsnetz durch die staatliche Krankenversicherung, aber die Versorgung entspricht nicht immer den Standards der Verbraucher, und die langfristige finanzielle Belastung könnte für die Regierung das Maß des Erträglichen übersteigen, wenn es keine Ergänzung durch private Versicherungen gibt. Auch steuerlich begünstigte individuelle Rentenkonten wie Rentensparverträge gibt es in China nicht, obwohl ein eindeutiger Bedarf an robusteren Rentenanlagen besteht, weil das Land immer älter wird.