Könnten anhaltende Inflation und steigende Zinsen das Ende des 60/40-Portfolios bedeuten?
Nach der lange Zeit marktbeherrschenden Pandemie richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger zunehmend auf die Folgen der beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Stimulusmaßnahmen. Die gigantischen Konjunkturpakete haben die Inflation und die Zinsen in die Höhe getrieben. Das Ende der niedrigen Inflation und Negativzinsen könnte ein schwierigeres Umfeld für Aktien und traditionelle festverzinsliche Wertpapiere längerer Laufzeiten bedeuten.
Die Arbeitsmärkte haben sich fast vollständig von der Pandemie erholt, durch die ultralockere Geldpolitik ist die Geldmenge explodiert und die Lieferketten stehen durch die hohe Nachfrage und größere Vorratshaltung massiv unter Druck. Das Ergebnis ist eine drastische, für die Verbraucher deutlich spürbare Verteuerung von Waren und Dienstleistungen.
Die gestiegenen Kosten für Wohnen, Lebensmittel, Mobilität und Energie führen jetzt zu Forderungen nach entsprechenden Lohnanpassungen1. Die weltweiten Zentralbanken stehen nun unter dem Druck, auf diese Trends mit raschen und deutlichen Zinserhöhungen zu reagieren. Schließlich hinken die Leitzinsen dem neutralen Zinssatz um mehr als 8% hinterher2.
Die restriktivere Haltung der Zentralbanken stellt eine deutliche Kehrtwende dar, nachdem die Zentralbanker im November 2021 noch von einer „vorübergehenden Inflation“ ausgegangen waren3. Die Terminmärkte haben für die kommenden zwei Jahre einen Anstieg der kurzfristigen Zinsen in den USA von aktuell 0,3% auf etwa 3,0% eingepreist4.
Die langfristigen Inflationserwartungen sind gut verankert. Dagegen sind die Credit Spreads weiterhin eng (werden jedoch weiter) und die Unternehmensgewinne bewegen sich auf Rekordniveau5. Bei den Anlegern hat der geldpolitische Kurswechsel Angst vor einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen, sinkenden Unternehmensgewinnen und Zahlungsausfällen geschürt.
In einer für die globalen Märkte ungewöhnlichen Zeit ist ein stärkerer Gleichlauf der Aktien- und Anleihemärkte zu beobachten, die beide seit Jahresanfang 2022 erhebliche Verluste erlitten haben. Wie Abbildung 1 zeigt, sind Anleger zu Recht besorgt, dass das 60/40-Portfolio6 seine traditionelle Bollwerk-Funktion in Zeiten steigender Inflation und Zinsen verliert.