Regulierungsausblick 2024
Solvency II-Reform: Der Anfang vom Ende
Das Jahr 2024 sollte den Anfang des Endes der Solvency II-Reformen markieren. Fast vier Jahre nach dem Startschuss im Februar 2019 1 verhandeln EU-Kommission, Europäisches Parlament und Europäischer Rat über die endgültige Ausgestaltung des Reformpakets. Obwohl die Beteiligten anstreben, die Verhandlungen bis zum Jahresende abzuschließen, besteht eine realistische Möglichkeit, dass sich diese doch noch bis ins erste Quartal 2024 hinziehen.
Parallele Verhandlungen über politische und technische Fragen (Trilog-Prozess)
Derzeit bemühen sich die europäischen Institutionen darum, eine Einigung zu technischen Detailfragen und politischen Streitpunkten zu finden. Zu den Themen, über die noch verhandelt wird, gehören das Ausmaß der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die langfristigen Garantien und die Rolle von EIOPA in der Aufsicht über das grenzüberschreitende Geschäft.
Delegierte Verordnung im Fokus der Reformen 2024
Mit Abschluss der Verhandlungen über die Richtlinie wird auch fast direkt mit der Überarbeitung der ihr zugrunde liegenden, detaillierteren Delegierten Verordnung begonnen werden. Die ersten Arbeiten an einem Entwurf für einen delegierten Rechtsakt begannen 2022, und wir gehen davon aus, dass die Kommission den Textentwurf veröffentlichen wird, sobald eine Einigung in den Trilog-Verhandlungen erzielt wurde.
Es wird erwartet, dass der Entwurf die wichtigsten Änderungen an der Solvency II-Richtlinie unterstützen wird – sowie potenzielle weitere Reformbereiche wie die Volatilitätsanpassung, die Matching-Anpassung und die Extrapolation der risikofreien Zinsstrukturkurve.2
Neue Standards für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsgesellschaften
Neben der Reform der Solvency II-Richtlinie verhandeln die europäischen Institutionen auch über die Ausgestaltung einer neuen Richtlinie für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen (Insurance Recovery and Resolution Directive, IRRD). Das neue Rahmenwerk soll Aufsichtsbehörden mit einer Reihe von Instrumenten zur Frühintervention bei Stresssituationen und Schieflagen von (Rück-)Versicherern ausstatten. Wie bei Solvency II streben die Institutionen einen Abschluss der Verhandlungen bis Ende des Jahres an. Auch hier besteht jedoch die Möglichkeit, dass diese sich bis ins erste Quartal 2024 hinziehen.
Neue politische Prioritäten unter neuer EU-Kommission und neuem Europäischen Parlament
Trotz der erwarteten Finalisierung der Änderungen an Solvency II werden diese voraussichtlich erst Mitte 2025 in Kraft treten. Unterdessen wird im Juni ein neues Europäisches Parlament gewählt und im Anschluss auch die EU-Kommission erneuert. Eine wichtige Frage für die zweite Jahreshälfte 2024 wird daher sein, welche Priorität die neue Kommission dem Versicherungssektor auf ihrer politischen Agenda für die Legislaturperiode 2024-2029 zuweist.